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Neue, alte Lesekompetenzen? Wie Social Hypertext das geisteswissenschaftliche Lesen erneuern kann

Das kritische, reflektierte, komplexe Zusammenhänge erschließende Lesen gilt seit jeher als eine der wichtigsten konkreten Fähigkeiten, die die Geisteswissenschaften – neben ihrem Fachwissen – vermitteln. Gleichzeitig beklagen Lehrende an Schulen und Hochschulen seit Jahren, dass insbesondere die Verbreitung digitaler Medien zu einem Einbrechen von Lesekompetenzen bei den Lernenden geführt habe. Digitalität, so ein oft gehörter Klageruf, habe dafür gesorgt, dass die Studierenden sich nicht mehr konzentrieren und keine komplexen Texte lesen können. Wenn überhaupt, könne diese Fähigkeit nur mühsam und mit hohem Betreuungsaufwand wieder aufgebaut werden. Und doch ist die Entwicklung hin zu einer weitgehend digitalen Lebens- und Lernumgebung unumkehrbar.
An der Universität Leipzig experimentieren wir seit 2015 daher mit didaktischen Designs, die die spezifischen Affordanzen digitalen Texts für die Lehre nutzbar machen und damit klassische geisteswissenschaftliche Lesekompetenzen in die digitale Gegenwart zu holen. Dabei hat sich der Einsatz von Social Hypertext als besonders vielversprechend erwiesen. Social Hypertext ist ein Medium, bei dem einerseits soziale Interaktion direkt im Text ermöglicht wird (durch Lesefragen, Diskussionen, kollaborative oder individuelle Annotation, etc.) und bei dem andererseits die Lehrenden durch didaktisierte Verknüpfungen das Sehen und Verstehen von Zusammenhängen gezielt fördern können. Der Lesestoff wird so zu einem Hypertext, bzw. einer Concept Map. Wichtiger noch: das Medium selbst lädt ein zu einem explorativen, interaktiven, erschließenden Lesen und fördert damit den Aufbau eben jener Lesekompetenzen, die zentrale ‚Skills‘ der Geisteswissenschaften sind.
Seit 2021 entwickeln wir mit SHRIMP_PODS eine Plattform, mit der herkömmliche PDF-Dateien mit wenig Aufwand in Social Hypertext verwandelt werden können, so dass unser didaktisches Design nun skalierbar und in der Breite anwendbar wird.

Sebastian M. Herrmann

Universität Leipzig / Projekt SHRIMP

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